SWB: Worin besteht der Unterschied zwischen Tafel Torgau e.V. und der Elb-Land-Tafel e.V.?
Christine Noak: Wir haben als eingetragener gemeinnütziger Verein die selben Voraussetzungen und Pflichten, die gleichen Regeln und Hygiene-Vorschriften, müssen die Bedürftigkeit der Hilfesuchenden prüfen. Allerdings sind wir nicht Mitglied im Bundesverband Deutsche Tafel e.V.
Warum sind Sie nicht Mitglied im Bundesverband?
Wir waren es bis zum vergangenen Jahr. Gegründet wurden wir als Torgauer Landtafel, später hießen wir Tafel Belgern, ehe wir uns in Elb-Land-Tafel umbenannten – wir haben immer als gemeinnütziger Verein gearbeitet. Wir mussten uns schon häufiger beweisen und behaupten.
Ist es nicht letztendlich egal, wie eine Tafel heißt? Schließlich geht es doch immer noch um die Hilfsbedürftigen, oder?
So ist es. Den Hilfsbedürftigen ist es doch egal, wo sie ihre Lebensmittel herbekommen. Sie stehen dienstags und donnerstags ab 11 Uhr bei Wind und Wetter vor unserem Ausgabefenster. Ein großer Dank gilt meinen Mitarbeitern, die an den Ausgabetagen von 7 bis 17 Uhr arbeiten, damit jeder seine Lebensmittelkiste bekommt.
Wie viele Bedürftige sind bei Ihnen gelistet?
400 bis 500 Bedarfsgemeinschaften pro Woche werden von uns versorgt. Dazu kommen Rentner und Leute von den umliegenden Dörfern, die nicht beweglich sind und von uns angefahren und versorgt werden.
Woher beziehen Sie Ihre Lebensmittel?
Wir haben großzügige Sponsoren, die uns seit Jahren unterstützen und die Treue halten. Alle haben wir uns selbst organisiert, angeschrieben, hinterher telefoniert. Wir sind bundesweit unterwegs, um die Lebensmittel zu holen. Zudem tauschen wir mit anderen Vereinen, die auch mehr im Hintergrund, fast Verborgenen agieren. Ich denke an den Brotkorb, Tisch, verschiedene Kleiderkammern, in Torgau die S.T.U.B.E. und FIT. Wichtig wäre es, dass alle unterstützt werden. Schließlich geht es um die Hilfsbedürftigen und nicht um Befindlichkeiten zwischen den einzelnen Vereinen.
Wie finanziert sich der Verein?
Nur über den Obolus, den die Bedürftigen entrichten und Spenden. Alle Kosten wie Miete, Diesel, Gas und Strom müssen wir selbst finanzieren.
Einige Tafeln mussten ein Aufnahmestopp verhängen.
Davor sind wir bisher verschont geblieben, auch wenn die Bedürftigen, auch durch die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, immer mehr werden. Unser Problem ist eher, dass uns noch nicht alle kennen. Wir haben genügend Lebensmittel – uns geht es diesbezüglich nicht schlecht. Allerdings könnten wir etwas Hilfe gebrauchen – es fehlt uns schlicht und ergreifend an Helfern.
Weihnachten steht vor der Tür. Wie steht es um ein Festtagsmenü für Hilfesuchende?
Bei uns gibt es Würstchen und Kartoffelsalat, frisches Obst und Gemüse wie Blumenkohl, Paprika, Kohlrabi, Butter und Brot, Eier Milchprodukte und Süßigkeiten, sogar Erdbeeren. Daraus lässt sich gewiss etwas Zaubern. Unsere Kisten sind so gut gefüllt und ausgewogen bestückt, dass sie von Woche zu Woche reichen. Ich glaube sagen zu können, dass sich die Bedürftigen gesund ernähren können. Trotz steigender Lebensmittelpreise.
In Deutschland werden immer noch zu viele Lebensmittel weggeworfen.
Das ist schade und unverständlich. Ein kleiner Tipp: Am besten schon beim Einkaufen daran denken, ob alles verzehrt werden kann. Lieber weniger kaufen als später wegwerfen.
Weihnachten ist emotional, gerade für die Kinder. Wie tragen Sie diesem Umstand Rechnung?
Für Kinder gab es zum Nikolaus schon einen besonders gepackten Beutel mit Nüssen, Mandarine, Weihnachtsmann und Keksen. Auch zum Heiligen Abend wird es mit einem speziellen Weihnachtsbeutel eine kleine Überraschung geben.
Ihre Mitarbeiter erfahren hautnah von Schicksalen.
Ja, das stimmt. Für viele alleinstehende Rentner sind wir Kummerkasten und Empfänger von Wehwehchen oder Mutter Teresa in einem – oftmals hilft es schon, einfach mal zuzuhören. Unsere Mitarbeiterin Elena hat diesbezüglich eine Engelsgeduld, erfährt am Ausgabefenster viel Leid. All unsere Mitarbeiter sind optimistisch und versuchen mit einem freundlichen Wort, Mut zuzusprechen und ein wenig Freude zu vermitteln.
Wo sehen Sie die nähere Zukunft des Vereins Elb-Land-Tafel?
Wenn ich eine Glaskugel hätte, wäre ich froh und zuversichtlich wenn sich Oberbürgermeister Henrik Simon mit um ein neues Objekt für uns bemühen würde. Unser Mietvertrag läuft Ende nächsten Jahres aus.
Weihnachten ist auch die Zeit des Wünschens.
Ich wünsche mir, das wir als Verein gesehen und beachtet werden, alle Lebensmittel gerecht verteilt werden. Alle Vereine, die sonst im Hintergrund stehen und Bedürftigen helfen, sollen die gleichen Chancen haben. Warum werden da Ausnahmen und Unterschiede gemacht?
Gespräch: H. Landschreiber
Elb-Land-Tafel e.V. im Repitzer Weg 6 in Torgau, telefonische Auskünfte 03421 7783600